+49 6442 708370 info@steinbach-ra.de

      Für 2023 steht eine Erhöhung der Kindesunterhaltsbeträge der Düsseldorfer Tabelle an. Im Jahr 2021 war sie um weitere Einkommensgruppen ergänzt worden, sodass Kindesunterhalt bei guten Einkommensverhältnissen bis zu 200 % des Mindestunterhalts möglich ist.

      Die Düsseldorfer Tabelle ist seit ihrem Bestehen einiger Kritik ausgesetzt.

      Während die einen daraufhin weisen, dass die Mindestsätze nicht den tatsächlichen Lebensbedarf von Kindern widerspiegeln, bemängeln die anderen, dass die Tabelle Unterhaltszahlern zu wenig Selbstbehalt für deren eigene Existenz lasse und Kosten für die Kontakte zu den Kindern („Umgang“) nicht ausreichend berücksichtigt würden.

      Der Kindesunterhalt ist außerdem über Jahrzehnte hinweg nach dem Schema betrachtet worden: Ein Elternteil, meistens der Vater, leistet (Geld-)Unterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle, die Höhe richtet sich nach (nur) seinem Einkommen. Nur bei annähernd 50/50 Aufteilung der Betreuung wird hiervon abgewichen.

      Dies wiederum wird in den letzten Jahren verstärkt kritisiert, da Eltern ihre Verantwortung für die Kinder nicht mehr nach dem hergebrachten Familienbild leben würden.

      Die Regelung, wonach der Elternteil (meistens der Vater), bei dem das Kind nicht lebt, Barunterhalt in Form einer Geldrente zu zahlen hat (§§ 1612, 1612 a BGB) und der betreuende Elternteil (meistens die Mutter) Unterhalt durch „Pflege und Erziehung“ leistet, hat in der Vergangenheit allerdings die Wahrnehmung etwas verzerrt. Diese Regelung verdeckt einerseits den Umstand, dass der betreuende Elternteil dem Kind nicht nur „Betreuungsleistungen“ sondern auch eigene finanzielle Beiträge zu dessen Essen, Wohnen, Leben leistet, gerade, wenn Unterhalt nach den niedrigeren Einkommensstufen der Düsseldorfer Tabelle geleistet wird. Andererseits wurde oftmals übersehen, dass auch die Betreuungsleistung selbst einen wirtschaftlichen Wert hat, einmal die Leistung an sich und auch die hieraus resultierenden Einkommens- und Karriereeinbußen.

      Oftmals reicht schon der gezahlte Barunterhalt nicht aus, um das Minimum eines Kindes abzudecken, man denke nur an die hohen Unterkunftskosten, die trotz der regelmäßigen Erhöhung der Düsseldorfer Tabelle hierin nicht vollständig abgebildet sind, so dass (oftmals) die Mutter sowieso noch aus eigenen Mitteln zum Leben des Kindes beitragen muss. Umgekehrt sind natürlich auch die Unterhaltsverpflichteten von den hohen Lebenshaltungskosten betroffen.

      Nun hat der Bundesgerichtshof seine Betrachtungsweise zu den Leistungen beider Eltern für den Lebensbedarf der Kinder dargelegt und zunächst etwas klargestellt, was sich eigentlich direkt aus dem Gesetz ergibt (§ 1610 BGB, I BGB):

      Der Lebensbedarf des Kindes richtet sich nach dem gemeinsamen Einkommen der Eltern, da ein Kind bis zum Abschluss seiner Ausbildung seine Lebensstellung von den wirtschaftlichen Verhältnissen beider Elternteile ableitet (BGH FamRZ 2021, 1965).

      Mich haben Fragen erreicht, ob sich dadurch nicht eigentlich die bisherige Handhabung der Düsseldorfer Tabelle erledigt. 

      Allerdings ist dies keineswegs der Fall. Nach wie vor wird der Kindes- Unterhaltsbeitrag des „nicht betreuenden Elternteils“ aus der Tabelle errechnet und ist gedeckelt auf den Betrag, den er nach seinem alleinigen Einkommen zu zahlen hat.  

      Auswirkungen hat die neue Rechtsprechung des BGH in erster Linie für den Unterhalt des betreuenden Elternteiles selbst, sowie für Situationen, in denen sich beide Elternteile am Barunterhalt des Kindes beteiligen müssen, wie beim Mehr-und Sonderbedarf (s. hierzu Blogeintrag 

      Bei der Errechnung des Ehegattenunterhaltes des betreuenden Elternteils werden sind nach BGH nun die Erwerbseinkünfte des betreuenden Elternteils um den Betrag zu vermindert, der sich rechnerisch als Differenz zwischen dem Kindesunterhalt nach dem gemeinsamen Einkommen und demjenigen allein nach dem Einkommen des Unterhaltspflichtigen ergibt. Der BGH hat erkannt, dass der betreuende Elternteil in dieser Höhe neben seinem Betreuungsunterhalt restlichen Barunterhalt in Form von Naturalunterhalt leistet. Dadurch erhöht sich sein Anspruch auf Ehegattenunterhalt.

      Diese Betrachtung des Bundesgerichtshofs ist in meinen Augen durchaus plausibel. Er hat gewisser Weise die Düsseldorfer Tabelle durchaus zeitgemäß angewendet.

      Schließlich sind mit der Kinderbetreuung diverse Kosten und Belastungen verbunden, die früher keine angemessene Berücksichtigung fanden.

      Man fragt sich allerdings, ob in der Zukunft hieraus noch weitere Folgen für den Kindesunterhalt oder für einen Ausgleich unter den Eltern entstehen können, über die Düsseldorfer Tabelle hinaus. 

      Der Düsseldorfer Tabelle selbst wird man diese Probleme und offenen Fragen nicht anlasten können, es kommt immer darauf an, wie man sie anwendet.