Behandlungsfehler
Fehldiagnosen bis OP-Fehler im Überblick
Der Diagnose-Irrtum
Häufig werde ich gefragt, was bei einer falschen Diagnose zu tun ist, ob man deswegen das Krankenhaus oder den Arzt verklagen kann. Bei einem reinen Diagnosefehler ist es allerdings – für viele überraschend – nicht möglich, Schadensersatz zu verlangen, solange dieser nicht komplett unvertretbar ist. Denn Krankheitssymptome oder Schädigungsbilder können viele denkbare Ursachen haben. Es gibt eine Unzahl von Erkrankungen und Erklärungsansätzen für bestimmte Syndrome und Symptome, sodass der Arzt durchaus, wenn er korrekt zwischen verschiedenen zur Auswahl stehenden Diagnosen abgewogen hat und mit vernünftiger Überlegung zu einer bestimmten Diagnose gekommen ist, nicht dafür haften muss, wenn sich später herausstellt, dass es eine Fehleinschätzung/falsche Diagnose war. Etwas anderes gilt für den sogenannten fundamentalen Diagnoseirrtum. Für dessen Folgen ist ein Arzt eintrittspflichtig. Es muss sich aber um eine komplett nicht mehr vertretbare und für keinen vernünftigen Arzt nachvollziehbare Fehldiagnosehandeln.
Der grobe Behandlungsfehler – so selten wie fatal
In aller Munde ist auch der sogenannte grobe Behandlungsfehler, der etwas irreführend formuliert ist. Der Wortlaut erweckt den Anschein, für einen groben Behandlungsfehler würde man besonders viel Schadensersatz erhalten oder der Arzt würde sogar bestraft werden. Tatsächlich handelt es sich hier aber um eine Rechtsfigur, die einem geschädigten Patienten gewisse Nachweiserleichterungen bietet. Bei einem groben Behandlungsfehler, d. h. bei einer Vorgehensweise während der Behandlung, die für einen sorgfältigen Arzt nicht mehr nachvollziehbar und völlig unverständlich ist, wird von dem Grundsatz abgewichen, dass der Anspruchsteller, hier der geschädigte Patient, alles vollkommen beweisen muss, d. h. seinen kompletten Anspruch, hinsichtlich der Haftung an sich (Haftung dem Grunde nach) und der Folgen des Fehlers (Haftung der Höhe nach). Der grobe Behandlungsfehler muss nur als solcher vom insoweit nach wie vor beweispflichtigen Patienten nachgewiesen werden. Der Patient/die Patientin ist dann aber nicht mehr beweispflichtig wie er es bei einem einfachen Behandlungsfehler wäre, dahingehend, dass das Schadensbild, welches vorliegt, auch just durch den zur Debatte stehenden groben Arztfehler verursacht wurde. Können hier Arzt oder Ärztin keinen Entlastungsbeweis führen, dass das Schadensbild, auf das sich ein Patient beruft und auf das er seine Schmerzensgeld- und Schadensersatzansprüche stützen will, nicht durch ihren groben Behandlungsfehler verursacht ist, dann gilt der Nachweis als erbracht. Dies bringt eine erhebliche Erleichterung. Allerdings sind grobe Behandlungsfehler nicht besonders häufig.
Die unterlassene Befunderhebung – Fehler vor Diagnosestellung
Ähnlich wie beim groben Behandlungsfehler wird auch bei der „unterlassenen Befunderhebung“ dem Patienten der Beweis der Ursächlichkeit jener Unterlassung zum eingetretenen Schädigungsbild (die haftungsausfüllende Kausalität) erleichtert. Die unterlassene Befunderhebung ist thematisch nah am Diagnosefehler, unterscheidet sich jedoch dadurch, dass der Schwerpunkt nicht auf der Diagnosestellung, d. h. der Benennung der Krankheit oder Schädigung, bspw. einer Fraktur liegt, sondern diesem vorgelagert ist. Es erfolgt keine richtige Befunderhebung (Röntgenaufnahmen, Erhebung von Laborwerten etc.), obwohl sich dies aufgrund des Beschwerdebildes geradezu aufdrängen müsste. So wird bspw. in der Klinik versäumt, bei einem Patienten, der sich mit plötzlich aufgetretenen, massiven Kopfschmerzen vorstellt, eine Schädel-Computertomografie (CT) durchzuführen. Hierdurch wird die Diagnose bspw. einer Gehirnblutung verunmöglicht. Ist die unterlassene Befunderhebung nachgewiesen, was nach wie vor Aufgabe des Patienten und dessen anwaltlicher Vertretung ist, so muss nicht mehr nachgewiesen werden, dass z. B. der Wachkoma-Zustand oder Lähmungserscheinungen auf eben dieser Gehirnblutung beruhen. Dieser Zusammenhang wird angenommen, es sei denn, der Arzt kann den Gegenbeweis antreten. Hierbei sind allerdings noch einige Aspekte zu beachten, die hier nicht abschließend dargestellt werden können und in fachkompetente Beurteilung gehören wie die Wahrscheinlichkeit gerade dafür, dass man bei korrekter Befunderhebung auch einen bestimmten interventionspflichtigen Befund wie die besagte Gehirnblutung, eine Fraktur, eine Entzündung gefunden hätte.
Ich prüfe Ihren Fall umfassend und leite schnell die richtigen Schritte ein
Komme ich in meiner Prüfung zu dem Ergebnis, dass im konkreten Fall deutliche Hinweise auf das Vorliegen eines Behandlungsfehlers jeglicher Art vorliegen, schreibe ich zunächst den Arzt oder das Krankenhaus direkt an und fordere zur Benennung des Haftpflichtversicherers auf. Soweit möglich, beziffere ich bereits erste Ansprüche oder verlange einen Vorschuss.
Häufig ist dies jedoch erst nach Auswertung der Patientenunterlagen möglich. Wenn Ihr Arzt den Befund nicht mitteilt, haben Sie einen Anspruch auf Einsicht in die Patientenunterlagen, aus denen Sie diesen ersehen können. § 630g BGB regelt, dass Ihnen auf Ihr Verlangen unverzüglich Einsicht in die vollständige Patientenakte zu gewähren ist, soweit der Einsichtnahme nicht erhebliche therapeutische Gründe oder sonstige erhebliche Rechte Dritter entgegenstehen. Im Falle des Todes des Patienten stehen diese Rechte zur Wahrnehmung der vermögensrechtlichen Interessen den Erben, sowie nächsten Angehörigen zu, soweit sie immaterielle Interessen geltend machen. Eine Akteneinsicht durch Angehörige ist dann ausgeschlossen, wenn Sie dem Arzt zu Lebzeiten ausdrücklich mitgeteilt haben, dass Ihre Angehörigen nach Ihrem Tode nicht Einsicht nehmen dürfen, wofür ggf. ein Interesse Ihrerseits bestehen kann.
Vor all dem hole ich bei Ihrer Rechtsschutzversicherung, sofern sie eine solche abgeschlossen haben, eine Deckungszusage ein. Sollte auf das Aufforderungsschreiben und gegebenenfalls weitere Korrespondenz keine außergerichtliche Regulierung erfolgen, stehen Ihnen mehrere Möglichkeiten zur Verfügung, die stark davon abhängen, ob Sie über eine Rechtsschutzversicherung verfügen. Denn: Mit dem Arzthaftungsrecht ist ein hohes Kostenrisiko verbunden, da im Verfahren teure Gutachten eingeholt werden und Sie gerade bei höheren Streitwerten im Fall des Unterliegens das Risiko tragen, der Beklagtenseite erhebliche Anwaltskosten ersetzen zu müssen. Um dieses Kostenrisiko, das ohne Rechtsschutzversicherung für Sie besteht, zu reduzieren, kann ein Schlichtungsverfahren bei der Ärztekammer durchgeführt werden, das als solches kostenfrei ist; Anwaltskosten für meine Tätigkeit fallen hierbei natürlich an. Es gibt auch die Möglichkeit, falls Sie gesetzlich krankenversichert sind, über den medizinischen Dienst Ihrer Krankenkasse ein Gutachten über die Haftung einzuholen. Die Qualität dieser MDK-Gutachten ist jedoch selten hinreichend.
Darüber hinaus gibt es grundsätzlich noch die Möglichkeit der Prozessfinanzierung. Diese kommt nur bei sehr hohen Schadenssummen, kombiniert mit, aus Sicht des Prozessfinanzierers, hohen Erfolgsaussichten in Betracht. Prozessfinanzierung bedeutet, dass der Prozessfinanzierer, ähnlich wie ein Rechtsschutzversicherer, sämtliche Kosten für den Rechtsstreit übernimmt und im Unterliegensfall auch die Kosten der Gegenseite trägt. Als Kompensation für diese Risiko- und Kostenübernahme verlangt ein Prozessfinanzierer jedoch, dass er im Erfolgsfall einen nicht unerheblichen Prozentsatz der Schadensersatz- und Schmerzensgeldsumme erhält, der dann die Entschädigungssumme spürbar verringert.
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