Unterhalt
Unterhalt
Unterhalt ist ein Thema, das viele getrenntlebende Eheleute/Partner bewegt. Er kann existenziell für beide Seiten sein. In vielen Fällen sind Unterhaltszahlungen eine Frage der subjektiven oder objektiven Fairness und Ausdruck der nachehelichen oder ehelichen Loyalität. In jedem Fall möchte der Partner mit dem höheren Einkommen und den besseren Erwerbschancen auch nach einer Trennung in die Zukunft blicken und kalkulieren können, wie lange und in welchem Umfang noch aus der beendeten Ehe Zahlungspflichten resultieren. Unterhalt für die Kinder ist in den meisten Fällen kein besonders strittiges Thema. Wenn erst einmal das Einkommen nach der Düsseldorfer Tabelle ermittelt ist, ist oftmals das Konfliktpotenzial geringer. Unschön kann das Thema des nachehelichen Unterhalts sein, bedeutet es doch die Abhängigkeit desjenigen, der unterhaltsbedürftig ist. Und auch für den anderen Ex-Partner ist es nicht erbaulich, mit dauerhaften hohen Zahlungen konfrontiert zu sein.
Bedürftigkeit
Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten
Erwerbseinkommen
Sowohl beim Kindesunterhalt als auch beim Ehegattenunterhalt leitet sich der Bedarf von den ehelichen Lebensverhältnissen ab. Der Bedarf steht damit in engem Zusammenhang mit dem Erwerbseinkommen sowie der finanziellen Leistungsfähigkeit des/der Unterhaltsverpflichteten, aber auch des/der Unterhaltsberechtigten. Ausnahmen gelten nur dann, wenn nachehelich erhebliche Karrieresprünge, die nicht mehr auf den Zusammenhang mit der Ehe zurückgeführt werden können, erfolgt sind. In der Regel geht man jedoch davon aus, dass auch die Fortentwicklung der Karriere in der Ehe angelegt ist und daher das Einkommen, welches hieraus erzielt wird, unterhaltsrechtlich berücksichtigt werden muss. Es ist wichtig, die Einkommensnachweise – bei den meisten Personen sind dies die Lohn- und Gehaltsabrechnungen – genau zu studieren. Bei der Abrechnung von Sachbezügen gilt es zu ermitteln, ob möglicherweise Gehaltsbestandteile aufgeführt sind, die das Netto-Einkommen erhöhen. Dies kann zum Beispiel bei einem Dienstwagen der Fall sein. Dieser wird als Zuwendung in das Brutto eingestellt, um zu gewährleisten, dass hierauf die gebotenen Sozialabgaben und Steuern erhoben werden. Beim Netto wird der bereits gewährte Sachbezug des Dienstwagens, der als solcher und nicht als Geldbezug zur Verfügung gestellt wird, wieder abgezogen. Gleichwohl stellt sich jemand, dem ein kostenloser Dienstwagen zur Verfügung steht, besser als einer, der den Wagen selbst bezahlen muss. Das Nettoeinkommen ist also unter Berücksichtigung des gestellten Dienstwagens wieder zu erhöhen. Augenmerk ist auch darauf zu richten, ob das Nettoeinkommen durch Vorschüsse, Pfändungen o. ä. geschmälert ist. Diese können eventuell unterhaltsrechtlich nicht beachtlich sein. Bei Beamten sind ggf. Familien- und Kinderzuschläge relevant. Hier ist zu prüfen, welche Zuschläge nach einer Scheidung wegfallen, so dass sie prognostisch nicht mehr zugrunde gelegt werden können. Da niemand genau in die Zukunft schauen kann, ist das künftige Einkommen zu prognostizieren, es wird sozusagen vorhergesagt. Hierbei stützt man sich bei Arbeitnehmern gemeinhin auf die Einkünfte aus vorangegangenen Zeiträumen, in der Regel ein Jahr, bei Selbstständigen wird ein größerer Zeitraum von drei oder mehr Jahren betrachtet. In beiden Fällen ist aber zu ermitteln, ob die zurückliegenden Einkünfte tatsächlich repräsentativ sind oder ob bereits eine Veränderung nach oben oder unten feststeht. In diesem Fall sind natürlich die zu erwartenden Einkünfte zu berechnen.
Generell zu berücksichtigen sind die steuerrechtlichen Einnahmen im Sinne des Einkommenssteuergesetzes.
Bei selbständigen Unternehmern kann hier Klärungsbedarf bestehen und die Ermittlung ist manchmal nur mit Hilfe von Sachverständigen oder dem Steuerberater möglich. Hier wird häufig darüber gestritten, ob z. B. bei einer Ein-Personen-GmbH die Einkünfte als Geschäftsführer maßgeblich sein sollen oder auch die nicht ausgeschütteten Gewinne, die nicht steuerpflichtig sind. Auch die auf den Gesellschafterkonten angesparten und aufgelaufenen nicht entnommenen Gewinne können zum Einkommen hinzugerechnet werden, selbst wenn sie steuerrechtlich noch nicht relevant sind.
Weitere Einkommensarten
Wohnwert
Ein weiterer Knackpunkt kann sein, welcher Wohnwert für das Wohnen im Eigenheim, z. B. in einer Eigentumswohnung oder einem Einfamilienhaus als Einkommensbestandteil angesetzt wird. Der Wohnwert ist ein Reizthema, da ihm kein tatsächlicher Geldzufluss gegenüber steht und oftmals Hausverbindlichkeiten zu bedienen sind, so dass eigentlich von „ersparter Miete“ nicht die Rede sein kann. Was die Höhe des Wohnwertvorteils angeht, differenziert die Rechtsprechung nach der Phase des Getrenntlebens bis nach Klärung und Neuzuordnung der Eigentumsanteile oder Ablauf des Trennungsjahres, spätestens ab der Zustellung des Scheidungsantrags. Man geht davon aus, dass kurz nach der Trennung nicht gleich die Nettokaltmiete als Wohnwert angesetzt wird, vielmehr gilt für den Wohnanteil im sogenannten Selbstbehalt derzeit (Stand 2022) ein Betrag in Höhe von 330 € oder die ersparte Miete für eine angemessene Single – Wohnung. Sobald sich die Eheleute darüber geeinigt haben, wie Zugewinn oder auch das Eigentum am ehemals gemeinsamen Haus in Zukunft geregelt sein sollen, kann der volle Wohnwert angesetzt werden.
Abzug der Hausraten vom Wohnwert/sekundäre Altersvorsorge
In der Regel können Hauskreditraten bis zur Höhe des Wohnwertes abgezogen werden. Sind Ihre Hausraten höher als der Wohnwert, so ist zu prüfen, ob Sie den darüber hinausgehenden Betrag abziehen können, was sich bei der Unterhaltsberechnung günstig auswirkt. Schauen Sie sich hierzu Ihr Bruttoeinkommen an. Es ist zu differenzieren, ob Ihr Bruttoeinkommen über oder unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze der DRV liegt, diese liegt (Stand 2022) bei 80.000,00 €. In diesem Fall werden Rentenbeiträge nur bis zu diesem Betrag von Ihrem Einkommen abgezogen. Für den Differenzbetrag oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze können Sie zusätzliche Altersvorsorge in Höhe des Rentenbeitragssatzes plus 4 % betreiben. Dies kann auch in Form der Tilgung zu einer privat genutzten Immobilie geschehen. Liegt Ihr Einkommen unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze, können Sie, da bis zu diesem Betrag ohnehin Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge zur Rentenversicherung geleistet werden, zusätzliche Altersvorsorge betreiben. Sofern Sie bereits über Rürup- und Riester-Renten verfügen, die diesen Beitrag auffüllen, kann es evtl. geschehen, dass Sie nicht sämtliche Verbindlichkeiten für das Eigenheim unterhaltsrechtlich abziehen können.
Renten, Zinsen, sonstige Kapitaleinkünfte
Alles „Nichterwerbseinkommen“ wird ebenfalls für den Unterhalt herangezogen, allerdings wird hier nicht 1/7 vorweg abgezogen, da hier kein „Arbeitsanreiz“ gesetzt werden muss.
Unterhaltsermittlung
Kindesunterhalt
– minderjährige Kinder
Die Berechnung des Kindesunterhaltes richtet sich im Großen und Ganzen nach der Düsseldorfer Tabelle, welche mittlerweile in 15 Stufen je nach Einkommen bestimmte Unterhaltsbeträge vorsieht. Die Rechtsprechung sieht jedoch für Unterhaltspflichtige noch einen Selbstbehalt vor. Wenn das Einkommen nicht für alle Kinder und eventuelle unterhaltsberechtigte Ehepartner reicht, muss eine sogenannte Mangelfallberechnung durchgeführt werden, damit der Selbstbehalt gewahrt ist.
Vom Tabellenunterhalt wird das hälftige Kindergeld abgezogen, da dieses zur Entlastung beider Elternteile dienen soll.
Private Krankenversicherungsbeträge für das Kind sind nicht im Tabellensatz enthalten, sondern müssen zusätzlich gezahlt werden, können aber vorab vom Einkommen abgezogen werden.
– volljährige Kinder
Volljährige Kinder müssen ihren Unterhalt selbst geltend machen. Oft sind sie hiermit überfordert. Unterhaltstitel gelten auch nach Eintritt der Volljährigkeit weiter, es sei denn, der Titel gilt ausdrücklich nur bis zum 18. Geburtstag. Trotzdem besteht auch dann, wenn ein Titel vorliegt, Klärungsbedarf, denn es gibt einige Unterschiede zum Unterhalt für minderjährige Kinder.
Der Hauptunterschied zum Unterhalt für minderjährige Kinder:
- Es wird immer das volle Kindergeld angerechnet.
- Wenn beide Eltern sich finanziell am Unterhalt beteiligen müssen, wird dies prozentual ausgerechnet.
- Der Selbstbehalt der Elternteile ist wesentlich höher, derzeit (Stand 2022) monatlich 1400 €.
- Für volljährige Kinder, die in einer eigenen Wohnung leben, gibt es feste Bedarfssätze.
- Volljährige Kinder sind nicht per se unterhaltsberechtigt, sie müssen entweder eine Ausbildung (beruflich, schulisch oder universitär) absolvieren oder nicht in der Lage sein, für sich selbst aufzukommen.
- Ist nicht genug Einkommen für den Unterhalt aller Kinder da, sind die minderjährigen Kinder den volljährigen Geschwistern gegenüber vorrangig.
- Volljährige Kinder, die sich noch in allgemeiner Schulausbildung befinden und im Haushalt eines Elternteils leben, werden rechtlich etwas günstiger behandelt als volljährige Kinder, die studieren und oder im eigenen Haushalt leben.
- Privilegiert volljährige Kinder sind gleichrangig mit den minderjährigen Geschwistern, d. h. die Ansprüche der minderjährigen Geschwister gehen den ihrigen nicht vor. Anders ist dies bei Studenten oder volljährigen Auszubildenden und sonstigen unterhaltsbedürftig volljährigen Kindern. Als privilegiert volljährig gelten volljährige Kinder die folgende vier Voraussetzungen zusammen erfüllen: Sie haben das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet, sind unverheiratet, leben im Elternhaus oder Haushalt eines Elternteils und befinden sich noch in allgemeiner Schulausbildung. Diese Privilegierung ist gesetzlich aber auch mit Ausnahmen verbunden. So darf kein Verwandter vorhanden sein, der dem Kind zu Unterhalt verpflichtet ist, und die Privilegierung entfällt, wenn das Kind in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt aus eigenem Vermögen zu bestreiten.
- Eltern sind gegenüber privilegiert volljährigen Kindern in höherem Maße zur Erwerbstätigkeit verpflichtet.
- Der Selbstbehalt der Eltern gegenüber privilegiert volljährigen Kindern ist niedriger als bei minderjährigen Kindern.
Wenn die Eltern noch einigermaßen miteinander kooperieren, können sie, unter Einbeziehung des Kindes, eine Regelung treffen, welcher Elternteil sich wie am Unterhalt zu beteiligen hat. Dies kann das gerade volljährig gewordene Kind sehr entlasten. (Siehe auch Mediation)
Unterhaltsbedarf und Unterhaltsberechnung beim Ehegattenunterhalt
Bei Ehegatten ist die Bedarfsermittlung etwas komplizierter als beim Kindesunterhalt. Hier kann sowohl die Höhe als auch die Dauer des Unterhalts sehr streitig werden. Von der Quotenberechnung hat sicher jeder einmal gehört. Beim Erwerbseinkommen werden Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen und das Nettoeinkommen des Unterhaltsberechtigten um ein Siebtel bereinigt, dann wird die Differenz ermittelt. Der Unterhaltsanspruch beläuft sich auf die Hälfte der Differenz. Das weggerechnete Siebtel nennt man Erwerbstätigenbonus. Dieser soll zum Arbeiten und Erzielen eigener Einkünfte motivieren.
Es gibt außerdem die konkrete Bedarfsbemessung bei hohen Einkünften. Mit Stand 2022 geht man bei einem Einkommen oberhalb von 10.000 € netto davon aus, dass nicht das gesamte monatliche Einkommen zum Konsum genutzt wird, sondern dass auch Teile zur Vermögensbildung zurückgelegt werden. Aus diesem Grund kann man nicht einfach das Einkommen, welches über diesem summierten Betrag liegt, mit der berühmten 3/7- Methode berechnen oder der entsprechenden Quote, die andere Oberlandesgerichte anwenden. Die Aufgabe ist dann weniger, die Quotelung anzuwenden, sondern jenes Einkommen zu ermitteln und abzugrenzen, das während der Ehe zum Verbrauch zur Verfügung stand und welcher Betrag investiert wurde. Nicht unbedingt muss bei der konkreten Bedarfsbemessung also aufgelistet werden, wie hoch die Kosten für Lebensmittel, Wohnen, Freizeit, Körperpflege waren.
Trennungsunterhalt/Nachehelicher Unterhalt
Ein ganz heißes Eisen ist die Dauer des Ehegattenunterhaltes. Wer Unterhalt zahlen muss, fragt sich – und seine Anwältin – stets „wie lange noch?“.
Es gilt der Grundsatz, dass während des Getrenntlebens, also bis zur Scheidung, sich der Anspruch auf Ehegattenunterhalt aus dem Verheiratetsein selbst ergibt. Diese Art des Ehegattenunterhaltes nennt man Trennungsunterhalt bzw. Getrenntlebensunterhalt. Ist mindestens das Trennungsjahr abgelaufen, so kann sich die unterhaltsverpflichtete Person darauf berufen, dass die unterhaltsberechtigte Person, soweit gesundheitlich und bezogen auf die Kinderbetreuung möglich, ihre Erwerbstätigkeit ausweitet oder gar erstmals eine solche aufnimmt. Die Frage ist dann, wie mit dem Einkommensunterschied der häufig immer noch besteht, wenn die unterhaltsberechtigte Person ihre Tätigkeit auf Vollzeit umstellt, umgegangen wird. Häufig tritt durch eine Erhöhung der Stundenzahl gar kein spürbarer Effekt auf die Höhe des Unterhaltes ein, weil durch die steuerliche Progression und die mathematischen Auswirkungen der Siebtel-Quotelung der Unterhalt nicht in dem Maße sinkt, wie das Einkommen des Unterhaltsberechtigten steigt. Bis zur Rechtskraft der Scheidung besteht dann auf jeden Fall noch ein Unterhaltsanspruch, der, wenn die Einkünfte ermittelt sind und feststeht, in welchem Umfang die unterhaltsberechtigte Person selbst für sich sorgen muss, relativ leicht ausgerechnet werden kann.
Ab Rechtskraft der Scheidung ergibt sich der Unterhaltsanspruch nicht mehr aus der Ehe, da diese mit der Scheidung beendet ist. Vielmehr sieht das Gesetz für geschiedene Eheleute grundsätzlich die Eigenverantwortung vor. Trotzdem gibt es das Prinzip der nachehelichen Solidarität, die dazu führt, dass das Bürgerliche Gesetzbuch verschiedene Unterhaltsansprüche vorsieht.
Die wichtigsten Arten des nachehelichen Ehegattenunterhaltes sind:
- der Unterhalt wegen der Betreuung eines Kindes, § 1570 BGB
- der Unterhalt wegen Alters, § 1571 BGB
- der Unterhalt wegen Krankheit, § 1572 BGB
- der Aufstockungsunterhalt, § 1573 BGB
Während der Betreuungsunterhalt, der Unterhalt wegen Alters, Unterhalt wegen Krankheit, relativ selbsterklärend sind – wenngleich sie auch zu großen Konflikten führen können – hat sicher der Aufstockungsunterhalt gemäß § 1573, II BGB, das heftigste Streitpotenzial. Abs. 2 des § 1573 BGB besagt, dass ein geschiedener Ehegatte dann, wenn seine Einkünfte aus einer angemessenen Erwerbstätigkeit zum vollen Unterhalt nicht ausreichen, den Unterschiedsbetrag zum vollen Unterhalt verlangen kann. Unter vollem Unterhalt versteht man den Unterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Da in vielen Fällen immer noch eine erhebliche Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen besteht, hat der Aufstockungsunterhalt einen großen Anwendungsbereich, zumeist für den Unterhalt der Ehefrau nach Scheidung, zumal es oft um eine Kombination von Kinderbetreuungs- und Aufstockungsunterhalt geht. Mathematisch ist leicht ermittelt, dass eine Einkommensdifferenz im Sinne des § 1573, II BGB besteht. In diesen Fällen ist nach einer Scheidung, so sehen es zum Beispiel die Unterhaltsgrundsätze des Oberlandesgerichtes Frankfurt vor, zunächst der eheangemessene Unterhalt weiter zu zahlen.
Die relevantere Frage ist dann, wie lange dieser Aufstockungsunterhalt geschuldet ist.
Die Kriterien hierfür regelt § 1578 b BGB, allerdings so schwammig, dass viel Diskussionsbedarf entsteht. Der Dreh- und Angelpunkt für die Dauer und Höhe des nachehelichen Aufstockungsunterhalts ist der sogenannte ehebedingte Nachteil, im Gesetz wörtlich formuliert: „inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen, oder eine Herabsetzung des Unterhaltsanspruchs unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe unbillig wäre. Nachteile im Sinne des Satzes 2 können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe ergeben“.
Aufgrund der mittlerweile gegenüber vergangenen Jahren wesentlich höheren Erwerbsquote von Frauen und der Tatsache, dass es kaum noch „nur-Hausfrauen“ gibt, hält sich häufig der sogenannte ehebedingte Nachteil derjenigen Person, die sich in der Ehe überwiegend um Kinder und Haushalt gekümmert hat, in Grenzen. Vorausgesetzt, die unterhaltsberechtigte Person kann relativ unbeschädigt an ihr voreheliches Berufsleben anknüpfen. Trotzdem kann gerade bei der ehebedingten Aufgabe oder Reduzierung von qualifizierten Tätigkeiten und Führungspositionen doch ein massiver Karriereknick durch Teilzeittätigkeit und/oder Kinderbetreuung eintreten. Die Frage, wie lange dieser nacheheliche Aufstockungsunterhalt gezahlt werden muss, kann nur individuell beurteilt werden; in der Regel, bis sich der ehebedingte Nachteil wieder ausgeglichen hat und eine sogenannte wirtschaftliche Entflechtung, das heißt eine Aufhebung der wirtschaftlichen Abhängigkeit eingetreten ist
Die beste Vorbeugung gegenüber nachehelichen Unterhaltsansprüchen besteht also darin, dass sich beide Elternteile/Eheleute einigermaßen gleichmäßig an der Kinderbetreuung und sonstiger Care-Arbeit sowie der Haushaltstätigkeit beteiligen. In der jüngeren Generation ist diese Tendenz bereits deutlich in Richtung einer vollzeitnahen Tätigkeit beider Elternteile zu beobachten. Entscheiden sich die Eheleute und Eltern jedoch für ein anderes Betreuungssetting und eine eher traditionelle Haushaltsführung, so sind hier durch die sogenannten ehebedingten Nachteile und damit einhergehende Einkommensdifferenzen zumindest in gewissem Umfang auch nacheheliche Unterhaltsansprüche vorprogrammiert. Sofern absehbar ist, wie lange die Unterhaltsbedürftigkeit besteht, gibt es natürlich Möglichkeiten, sich hierüber zu einigen, Einmalzahlungen zu vereinbaren oder Verrechnungen mit anderen Ansprüchen vorzunehmen.
Wichtig für jegliche Unterhaltsforderungen: Unterhalt kann nur dann für die Vergangenheit geltend gemacht werden, wenn der Unterhaltspflichtige zuvor mindestens zur Auskunftserteilung mit dem Zwecke der Unterhaltsberechnung aufgefordert worden ist. Es empfiehlt sich, dies schriftlich und mit Zugangsnachweis zu tun, da man sonst die Voraussetzungen auch für die rückwirkende Geltendmachung von Unterhalt nicht beweisen kann. Es ist darüber hinaus eine zeitliche Grenze von einem Jahr für die rückwirkende Geltendmachung zu beachten.
Zugewinn / eheliches Güterrecht
- Zugewinngemeinschaft = gesetzlicher Güterstand
- Wenn Eheleute keinen Ehevertrag mit einer abweichenden Regelung abschließen, dann leben sie im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.
- Wenn die Ehe zu Ende geht und eine Scheidung oder eine dauerhafte Trennung zur Debatte steht, dann ist spätestens der Zeitpunkt, sich darüber Gedanken zu machen, ob es bei der aktuellen Zuordnung der verschiedenen Vermögensgegenstände bleiben soll oder ob ein Ausgleich oder eine andere Verteilung aus Fairness oder von Gesetzes wegen geboten ist.
- Der Gesetzgeber hat sich dagegen entschieden, dass konkrete Vermögensgegenstände wie z. B. Immobilien oder Aktiendepots bei einer Scheidung an den anderen Ehegatten gegenständlich übertragen werden. Vielmehr erfolgt dann, wenn einer der Verheirateten in der Ehe weniger eigenes Vermögen aufbauen konnte als der andere, ein Ausgleich in Geld. Hierbei wird pauschaliert und es wird nicht geprüft, ob der Ehepartner, der weniger Vermögen aufgebaut hat, hierfür andere Leistungen erbrachte wie Kindererziehung, Kinderbetreuung oder Haushaltstätigkeiten. Es handelt sich um eine vollkommen wertungsfreie Regelung. Dahinter steht natürlich die Annahme des Gesetzgebers, dass Haushaltsführung und Kinderbetreuung klassisch aufgeteilt waren.
- Um bei der Scheidung der Ehe zu ermitteln, wie hoch der Ausgleichsbetrag ist, muss das jeweilige Anfangsvermögen jedes Ehegatten mit dem Endvermögen verglichen werden. Es wird dann geprüft, wer mehr Vermögen aufgebaut hat und wie viel. Der Ehepart, der weniger Vermögen aufgebaut hat, erhält die Hälfte der Differenz des beiderseitigen Zuwachses, so dass dann jede/r mit dem gleichen Vermögenszuwachs aus der Ehe heraus geht. Dies bedeutet, dass alle erdenklichen Wertgegenstände, die bereits bei der Eheschließung im Eigentum eines Ehegatten waren, nicht mit dem damaligen Wert in den Zugewinn fallen, denn sie waren ja bereits vor der Eheschließung da. Der andere Ehegatte hat nichts zum Erwerb beigetragen. Diese Gegenstände sind dann zweimal in der Zugewinnausgleichsbilanz vermerkt. Waren sie zum Zeitpunkt der Zustellung des Scheidungsantrages noch vorhanden, tauchen sie im Anfangsvermögen mit dem damaligen Wert zum Zeitpunkt der Heirat auf und erscheinen schließlich auch im Endvermögen mit dem aktuellen Wert.
- Gibt es eine Differenz zwischen dem damaligen Wert und dem jetzigen Wert, in der Regel eine Wertsteigerung, fällt (nur) diese Wertsteigerung in den Zugewinn, da diese Steigerung in der Ehezeit eingetreten ist. Wenn aber die Eheschließung einige Jahre zurückliegt, die Inflation den Geldwert schon gemindert hat, dürfen hier nicht Äpfel mit Birnen verglichen werden, d. h. man kann nicht einfach den damaligen nominellen Wert eines Hauses oder den Saldo eines Bankguthabens mit dem Wert im Endvermögen vergleichen. Vielmehr erfolgt hier eine Aufindexierung, d. h. der Kaufkraftschwund wird hinzugerechnet. Entsprechend geringer ist dann auch die Differenz zwischen dem Anfangs- und dem Endvermögen, da das Anfangsvermögen durch die Aufindexierung mit dem Endvermögen erst vergleichbar gemacht wurde. Trotzdem kann eine Differenz bleiben, nämlich wenn sich der Wert von Immobilien, die bereits im Anfangsvermögen vorhanden waren, wegen der allgemeinen Wertsteigerung in größerem Maße als die Inflation erhöht hat. Gleiches gilt für ein Aktiendepot, das bereits bei der Eheschließung bestand, wenn es sich aufgrund des Anstiegs der Aktienkurse zu dem Zeitpunkt, zu welchem das Endvermögen ermittelt wird, besser als die Inflationsrate entwickelt hat.
- Ähnlich wird mit Werten verfahren, die einer der beiden Ehepartner während der Ehe erbt oder von den Eltern geschenkt bekommt. Man befasst sich hier natürlich nicht mit 50,00 €, die vielleicht einmal ein Weihnachtsgeschenk waren. Es geht um größere Zuwendungen wie bspw. das Überschreiben eines Grundstückes oder größere Beiträge zum Hausbau/Hauskauf. Diese Werte werden bei dem Schenkungsempfänger wie Anfangsvermögen behandelt, also mit dem Wert zum Zeitpunkt der Schenkung ins Anfangsvermögen eingestellt, und, wenn sie zum Stichtag noch vorhanden sind, im Endvermögen ebenfalls angesetzt.
- Die Vorgehensweise, die Schenkungen auch im Anfangsvermögen zu rechnen (Zuerwerbsvermögen) stellt sicher, dass nur die ggf. vorhandene Wertsteigerung geteilt werden muss, nicht aber der Wert der Schenkung als solche.
- Viele Menschen/Eltern, die ihren Kindern größere Werte schenken, bestehen darauf, dass diese Gegenstände ganz vom Zugewinn ausgenommen werden und haben Angst, dass sonst im Fall der Scheidung für das eigene Kind Nachteile entstehen.
- Aufgrund der oben geschilderten Gesetzeslage, ist der grundsätzliche Wert der Schenkung geschützt. Wer verhindern will, dass auch Wertsteigerungen geteilt werden müssen und Streit um die Höhe der Wertsteigerung entbrennt, kann dafür sorgen, dass das beschenkte Kind einen Ehevertrag mit einer zumindest modifizierten Zugewinngemeinschaft (a.k.a. modifizierte Gütertrennung) abschließt, so dass geerbte oder im Wege der vorweggenommenen Erbfolge erworbene oder geschenkte Gegenstände gar nicht in den Zugewinn fallen, d. h. weder ins Anfangsvermögen noch ins Endvermögen eingestellt werden.
- Diese Regelung kann sehr sinnvoll sein, da sich ein teurer Streit über die Werte erübrigt.
- Oftmals sind im Notarvertrag mit der Schenkung oder Übertragung des Elternhauses recht geringe Werte des Hauses/der Immobilie angegeben. Diese dienen meist nur dazu, die notariellen Gebühren berechnen zu können. Sie stellen nicht zwingend eine realistische Wertangabe dar.
- Im Streitfall müsste also der Wert der Schenkung zum Zeitpunkt der Schenkung ermittelt werden und dann auch der aktuelle Wert zum Zeitpunkt des Endvermögens. Dies kann Kosten und Streit verursachen.
- Wenn schenkende Eltern/Schwiegereltern sich wünschen, dass ein solcher Ehevertrag abgeschlossen wird, sollte man dies als Schwiegerkind nicht persönlich nehmen. Denn die Eltern/Schwiegereltern müssten eine solche Schenkung ja gar nicht machen, sie schenken freiwillig und können daher auch ihre Wünsche äußern, wie der Vermögenswert im Fall der Scheidung behandelt werden soll. Gelegentlich sind auch Rückforderungsvorbehalte für den Fall der Scheidung formuliert. Sie sind jedoch nicht unbedingt sinnvoll, da bei der Rückforderung von Eltern gegenüber ihrem eigenen Kind eine hohe Schenkungssteuer anfallen würde. Der Freibetrag beträgt dann nur 20.000,00 €.
- Eine komplette Gütertrennung ist für die wenigsten Menschen sinnvoll. Zum einen ist dies erbrechtlich nicht zielführend, da der Erbteil des überlebenden Ehegatten sich dadurch von 1/2 auf 1/4 gegenüber gemeinsamen Kindern verringert. Somit ist auch eine komplette Gütertrennung nicht immer angemessen, wenn ein Ehepartner selbst sein Vermögen nicht steigern kann, weil er wegen der Kinderbetreuung oder der sogenannten Care-Arbeit weniger Einkommen hat und/oder bei Teilzeittätigkeit nicht in gleichem Maße Vermögen ansparen und bilden kann. Es bleibt dann oft ein Gefühl der „Unfairness“, und nicht selten ist eine tatsächliche Benachteiligung nicht von der Hand zu weisen. Rechtlich sind solche Eheverträge hinsichtlich des Güterstandes dennoch für sich genommen nicht wegen Sittenwidrigkeit unwirksam. Regelungen zum Vermögen werden von den Gerichten nicht so streng geprüft wie ein Unterhaltsverzicht oder ein Ausschluss des Versorgungsausgleiches. Letztlich kommt es aber immer auf den Gesamtzusammenhang an.
- Die Gütertrennung hat nichts mit Schuldenhaftung zu tun. Es gibt immer noch die Vorgehensweise, dass – in der Regel Ehefrauen – zum Notar gebracht werden, um eine Gütertrennung zu unterschreiben, mit dem falschen Vorwand, sie würden dann nicht für Schulden des anderen haften. Dies ist unzutreffend. Für Schulden des anderen haftet man nur in Ausnahmefällen bzw. wenn man den Darlehensvertrag oder Bürgschaftsvertrag selbst unterschrieben hat.
- Wenn also Eheverträge zum Güterrecht geschlossen werden sollen, ist eine eigene anwaltliche unabhängige Beratung für jeden der Eheleute sinnvoll. Notarinnen und Notare sind zwar unparteiisch und müssen beide Beteiligte beraten, oftmals geht dies jedoch nicht sehr in die Tiefe und kann die eventuell unterschiedlichen Interessen nicht hinreichend ermitteln.
- In Gesellschaftsverträgen wird Unternehmer*innen häufig vorgeschrieben, Eheverträge zu schließen, in denen das Betriebsvermögen aus dem Zugewinn herausgenommen wird; auch dies kann sinnvoll sein und stellt eine Art der modifizierten Zugewinngemeinschaft bzw. modifizierten Gütertrennung dar. Man kann und sollte aber darüber nachdenken, ob der insoweit verzichtende Ehegatte dann eine Kompensation erhalten soll. So könnte z. B. die Ehefrau eines Mitgesellschafters, die in die Herausnahme der Gegenstände aus dem Zugewinn einwilligt und somit auch auf einen unter Umständen erheblichen Ausgleich des Vermögenszuwachses verzichtet, bspw. eine Kompensation dadurch erhalten, dass für sie in ein Aktiendepot eingezahlt oder in einen Sparplan investiert wird. Dies muss immer im Einzelfall betrachtet werden und kommt insbesondere bei der Übernahme von Care-Arbeit durch die verzichtende Person in Betracht. Flankierend ist es immer wichtig, an erbrechtliche Regelungen zu denken.
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