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      Versorgungsausgleich

      Der Versorgungsausgleich ist ein zentrales Element im deutschen Scheidungsrecht, das die Verteilung von Rentenanwartschaften zwischen den Ehepartnern nach einer Scheidung regelt.

       

      Ziel und Bedeutung des Versorgungsausgleichs

      Das Hauptziel des Versorgungsausgleichs besteht darin, die während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften beider Partner zu ermitteln und gerecht aufzuteilen. Dies stellt sicher, dass beide Ehepartner nach der Scheidung in Bezug auf ihre Rentenanwartschaften gerecht behandelt werden.

       

      Rechtliche Grundlage

      Der Versorgungsausgleich basiert auf dem Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG), das am 1.9.2009 in Kraft getreten ist. Mit dieser Reform wollte der Gesetzgeber für gerechtere Entscheidungen im Einzelfall sorgen und eine erhöhte Verfahrenstransparenz schaffen. Der Versorgungsausgleich wurde in Deutschland in den 1970er Jahren eingeführt. Vor dieser Zeit gab es keine gesetzliche Regelung zur Aufteilung von Rentenanwartschaften nach einer Scheidung. Die Einführung des Versorgungsausgleichs war ein bedeutender Schritt zur Sicherstellung der finanziellen Gerechtigkeit nach einer Scheidung. Er wurde als Reaktion auf die wachsende Erkenntnis geschaffen, dass Ehepartner, insbesondere solche, die während der Ehe nicht erwerbstätig waren, nach einer Scheidung finanziell benachteiligt sein könnten.


      Ausnahmen vom Versorgungsausgleich

      Es gibt bestimmte Fälle, in denen der Versorgungsausgleich nicht durchgeführt wird oder ausgeschlossen werden kann. Dazu gehören kurze Ehen von weniger als drei Jahren oder wenn beide Partner ausdrücklich darauf verzichten. In solchen Fällen wird davon ausgegangen, dass die während der kurzen Ehezeit erworbenen Rentenanwartschaften nicht signifikant genug sind, um eine Aufteilung zu rechtfertigen.


      Einfluss von Eheverträgen

      Eheverträge können den Versorgungsausgleich beeinflussen. Paare können in einem Ehevertrag festlegen, dass sie auf den Versorgungsausgleich verzichten oder bestimmte Regelungen dazu treffen. Es ist jedoch wichtig, dass solche Vereinbarungen im Einklang mit dem Gesetz stehen und nicht gegen die guten Sitten verstoßen. Ein Verzicht auf den Versorgungsausgleich in einem Ehevertrag muss notariell beurkundet werden.


      Internationale Aspekte

      Wenn einer der Ehepartner im Ausland Rentenanwartschaften erworben hat, kann dies den Versorgungsausgleich komplizierter machen. Es gibt jedoch internationale Abkommen, die sicherstellen, dass solche Rentenanwartschaften berücksichtigt werden. Bei Ehen mit internationalem Bezug kann es zu Überschneidungen verschiedener Rechtssysteme kommen. In solchen Fällen ist es wichtig, sich rechtzeitig rechtlichen Rat einzuholen.


      Steuerliche Aspekte

      Der Versorgungsausgleich kann steuerliche Auswirkungen für beide Ehepartner haben. Die Übertragung von Rentenanwartschaften kann beispielsweise zu einer Änderung des zu versteuernden Einkommens führen. Es ist wichtig, sich über diese Auswirkungen im Klaren zu sein und gegebenenfalls steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen, vor allem wenn der sog. schuldrechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt wird oder zur Vermeidung des Versorgungsausgleiches eine Abfindung vereinbart wird, Stichpunkt Sonderausgaben.

       

      Was wird im Versorgungsausgleich berücksichtigt?

      Der Versorgungsausgleich umfasst alle Versorgungsanwartschaften auf Rentenbasis, welche monatlich ausgezahlt werden. Dazu gehören:

      • Gesetzliche Rentenversicherung
      • Beamtenversorgung
      • Private Altersvorsorge
      • Betriebliche Altersvorsorge
      • Berufsunfähigkeitsversicherung
      • Erwerbs- bzw. Invaliditätsversicherungen
      • Berufsständische Versorgung (z.B. für Künstler, Anwälte, Notare, Steuerberater, Ärzte)

       

      Arbeitnehmer und Rentenversicherung

      Bei Arbeitnehmern wird ein Teil des Lohnes für die gesetzliche Rentenversicherung einbehalten. Der Arbeitgeber zahlt ebenfalls einen Beitrag zur gesetzlichen Rentenversicherung für jeden seiner Arbeitnehmer.

       

      Freiberufler und Rentenversicherung

      Freiberufler, wie Ärzte oder Rechtsanwälte, sind oft Mitglieder eines berufsständischen Versorgungswerks und zahlen ebenfalls monatliche Beiträge, um Rentenansprüche zu erwerben.

       

      Familienentscheidungen und Rentenanwartschaften

      Während der Ehe treffen Paare oft gemeinsame Entscheidungen, die ihre Rentenanwartschaften beeinflussen können. Ein Beispiel ist die Entscheidung, Kinder zu bekommen. Ein Ehepartner könnte sich entscheiden, zu Hause zu bleiben und die Kinder zu betreuen, während der andere weiterarbeitet. Der zu Hause bleibende Ehepartner würde in dieser Zeit weniger oder gar keine Rentenanwartschaften erwerben.

       

      Ausgleich nach der Scheidung

      Um Ungerechtigkeiten vorzubeugen, hat der Gesetzgeber entschieden, dass im Falle einer Scheidung alle Rentenansprüche geteilt werden, so dass der Ehepartner, der durch seine Berufstätigkeit mehr Rentenansprüche erwerben konnte, unterm Strich dem anderen Ehepartner die Hälfte von dem abgeben muss, was er mehr an Rentenansprüchen erworben hat.

       

      Durchführung des Versorgungsausgleichs

      Der Versorgungsausgleich ist ein integraler Bestandteil des Scheidungsverfahrens und wird vom zuständigen Familiengericht durchgeführt. Nach Einreichung des Scheidungsantrags werden beide Ehepartner vom Gericht aufgefordert, detaillierte Auskünfte über ihre Rentenanwartschaften und -ansprüche zu geben. Hierfür müssen beide Eheleute spezielle Fragebögen ausfüllen.

      Die Rentenversicherungsträger, bei denen die Ehepartner versichert sind, werden ebenfalls daraufhin vom Gericht kontaktiert, um die genauen Rentenanwartschaften zu bestätigen. Dies kann sowohl die gesetzliche Rentenversicherung als auch private oder berufsständische Versorgungswerke umfassen.

      Nach Erhalt aller notwendigen Informationen ordnet das Gericht im Scheidungsbeschluss den Ausgleich an. Dies geschieht in der Regel durch eine Übertragung von Rentenpunkten oder von Kapitalbeträgen, und zwar in beide Richtungen, d.h. beide Eheleute müssen einander die Hälfte der in der Ehe erworbenen Ansprüche abgeben.

      Es ist wichtig zu beachten, dass der Versorgungsausgleich nur die Rentenanwartschaften berücksichtigt, die während der Ehezeit erworben wurden. Rentenanwartschaften, die vor oder nach der Ehe erworben wurden, bleiben unberührt.

      Kosten des Verfahrens

      Die Durchführung des Versorgungsausgleichs kann Kosten verursachen. Dazu gehören Gerichtskosten und eventuell auch Anwaltskosten. Es ist wichtig, sich über diese Kosten im Voraus zu informieren. Ihre Anwältin oder Ihr Anwalt informiert Sie gerne. In der Regel sind die Kosten für den Versorgungsausgleich in den Gerichtskosten für das Scheidungsverfahren enthalten. Wenn jedoch ein Anwalt hinzugezogen wird (was auf Antragstellerseite zwingend ist), fallen zusätzliche Kosten an. Die Kosten für den Versorgungsausgleich machen allerdings in der Regel einen relativ kleinen Teil der gesamten Scheidungskosten aus. Bedenkenswert sind auch die Teilungskosten, die die Versorgungsträger für die Durchführung des Versorgungsausgleiches in Rechnung stellen.

      Expertentipps

      Es spielt im Normallfall keine Rolle, weshalb einer der Ehegatten weniger Rentenansprüche erworben hat. Sofern die Ehegatten den Versorgungsausgleich nicht durch einen Ehevertrag ausgeschlossen haben, muss grundsätzlich ein Ausgleich der Rentenansprüche durchgeführt werden, bis auf wenige Ausnahme- und Härtefälle.

      • Frühzeitige Beratung: Wenn Sie eine Scheidung in Erwägung ziehen oder bereits in einem Scheidungsverfahren sind, ist es ratsam, sich frühzeitig über den Versorgungsausgleich zu informieren. Ein erfahrener Anwalt kann Ihnen helfen, Ihre Rechte und Pflichten zu verstehen und Sie durch den Prozess zu führen.
      • Vollständige Informationen: Stellen Sie sicher, dass Sie alle relevanten Informationen über Ihre Rentenanwartschaften und -ansprüche bereitstellen. Unvollständige oder fehlerhafte Angaben können den Prozess verzögern und zu ungünstigen Entscheidungen führen.
      • Eheverträge: Wenn Sie einen Ehevertrag haben, der Regelungen zum Versorgungsausgleich enthält, bringen Sie diesen unbedingt zum Beratungsgespräch mit. Ein Anwalt kann Ihnen helfen zu verstehen, wie der Vertrag den Versorgungsausgleich beeinflusst.
      • Wenn Sie eine zügige Scheidung wünschen: Klären Sie zuvor Ihr Versicherungskonto bei der DRV
      • Betriebliche Altersvorsorge und private Altersvorsorge: Achten Sie darauf, dass Ihr Anwalt die Teilungsordnung und die zugrundeliegenden Verträge prüft, vor allem bei externer Teilung, um Transferverluste zu vermeiden. Von der Höhe der Abzinsung, die bei der Ermittlung des Ausgleichswertes angewendet wird hängt viel ab. Höhere Abzinsung = Niedrigerer Ausgleichswert; niedrigere Abzinsung = höherer Ausgleichswert
      • Externe Teilung Prüfen Sie als ausgleichsberechtigte Person genau, welche Zielversorgung in Betracht kommt. Die Versorgungsausgleichskasse ist meistens die schlechteste Option. Ihr Anwalt sollte darauf achten, dass das Gericht eine Verzinsung des Ausgleichsbetrages für den Zeitraum zwischen Zustellung des Scheidungsantrages und Rechtskraft der Scheidung anordnet.
      • Internationale Aspekte: Bei Ehen mit internationalem Bezug kann der Versorgungsausgleich komplexer werden. In solchen Fällen ist es besonders wichtig, sich rechtlichen Rat einzuholen und sicherzustellen, dass alle internationalen Rentenanwartschaften berücksichtigt werden.

       

      Zusammenfassung

      Der Versorgungsausgleich ist ein essenzieller Bestandteil des deutschen Scheidungsrechts, der darauf abzielt, eine gerechte Verteilung der während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften sicherzustellen. Er berücksichtigt die gemeinsamen Entscheidungen und Lebensumstände der Ehepartner und stellt sicher, dass beide nach der Scheidung in Bezug auf ihre zukünftige Altersvorsorge gerecht behandelt werden.

      Die Durchführung des Versorgungsausgleichs kann komplex sein und erfordert eine genaue Betrachtung der individuellen Rentenanwartschaften und -ansprüche beider Ehepartner. Es ist daher von entscheidender Bedeutung, sich frühzeitig und umfassend über den Prozess zu informieren und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen. Dies gilt insbesondere für Ehen mit internationalem Bezug oder wenn es Eheverträge gibt, die Regelungen zum Versorgungsausgleich enthalten, sowie wenn Beamte (insbes. Landesbeamte bestimmter Bundesländer) involviert sind, zudem, wenn der Renteneintritt kurz bevor steht und auch Unterhalt im Raum steht, oder ein großer Altersunterschied zwischen den Eheleuten besteht, ferner, wenn nur einer der Eheleute Rentenansprüche hat, der andere, z.B. als Unternehmer nur durch Immobilien o.ä. vorsorgt.

      Die rechtliche Grundlage des Versorgungsausgleichs, das Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG), bietet einen Rahmen für die gerechte Verteilung von Rentenanwartschaften.

      Abschließend lässt sich sagen, dass der Versorgungsausgleich ein wichtiger Schritt ist, um sicherzustellen, dass beide Ehepartner nach einer Scheidung finanziell abgesichert sind. Es ist ein Ausdruck der sozialen und wirtschaftlichen Gerechtigkeit, die das deutsche Rechtssystem anstrebt.

      Da generell i.d.R. beide Ehegatten eine Rentenlücke haben (großer Unterschied zwischen Lebensbedarf und Rente) schützt der Versorgungsausgleich in der Regel nicht vor Altersarmut, da nur das vorhandene geteilt wird, und keine zusätzlichen Ansprüche geschaffen werden.

      Jede/r ist also aufgerufen, selbst für seinen Lebensbedarf im Alter auch außerhalb der gesetzlichen Versorgungssysteme zu sorgen und vor allem nicht in die sogenannte Teilzeitfalle zu tappen. Pflichtbeiträge für Kinderziehung (3 Entgeltpunkte pro Kind) werden ebenso geteilt, wie die anderen Beiträge auch.